ADHS, Medizinischer Anspruch-
Therapeutische Wirklichkeit
Eine Bestandsaufnahme als Einleitung
von Gertraude Fydrich
2. Vorsitzende
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Was verstehen wir unter medizinischen Anspruch?
Qualifizierte Ärzte
- Ärzte, die uns ernst nehmen
- Diagnose und Behandlung so früh wie möglich
- Sorgfältige Diagnostik und Beratung (nicht nur die Vorsorgeuntersuchungen
mit "Hüpf mal" und "Er sitzt doch ruhig hier. Das Kind
kann kein ADHS haben". Auch beim Umgang mit den Medikamenten sollte
eine gute Beratung erfolgen)
- Ausreichende medizinische und therapeutische Versorgung (es gibt
leider immer noch "weiße" Flecken auf der Landkarte, z.B.
gibt es in Böblingen keinen Kinderarzt der sich ausreichend mit ADHS
auskennt und nur eine Verhaltenstherapeutin- dies ist eindeutig zu wenig)
- Therapie auf den Einzelfall abstimmen (nicht nur Ergotherapie als
"Verlegenheitstherapie" oder Medikamention)
- Gute Beratung auch bei den Medikamenten, es reicht nicht, vom Psychiater
Tabletten in die Hand gedrückt zu bekommen
- Kurze Wartezeiten (ein Wunschtraum)
Wer darf die Diagnose stellen?
- Kinder- und Jugendarzt
- Kinder- und Jugendpsychiater
- Klinischer Psychologe
- Psychiater bzw. Nervenarzt
- Andere Ärzte, die sich für ADHS qualifiziert haben (z.B. Hausärzte
mit Qualifikation)
Was ist mit folgenden "Diagnostikern"?
Folgende Diagnostiker können keine Diagnose stellen
- Heilpraktiker
- Schulpsychologe (sie können durchaus Tests machen und gute Hilfestellungen
leisten)
- Beratungslehrer (sind gut für Tipps und Ratschläge)
- Ergotherapeuten (haben sich zum Teil großes Wissen angeeignet)
- Analytische Psychotherapeuten (sie suchen in der frühkindlichen Phase
nach Problemen, können jedoch gut sein bei der Behandlung von komorbiden
Krankheiten)
Diagnostische Grundlagen:
- DSM IV und ICD 10
- Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften
- Psychologische Testverfahren
- Biographie des Betroffenen
Analytische Ursachenforschung in psychodynamischen Behandlungsverfahren
- Sind die Ursachen des ADHS doch auf Bindungsstörungen, schlechte Erziehung,
kindliche Traumatas zurückzuführen?
NEIN!
- Viele Erziehungswissenschaftler und einige Pädagogen behaupten, das
Kind habe kein ADHS und die Ärzte gäben sich keine Mühe.
Kann man ADHS heilen?
- Egal ob seriös oder unseriös, wenn jemand sagt, dass er ADHS heilen
kann, dann will er nur verdienen
- Was kann eine Therapie bewirken?
Eine Therapie kann bewirken, dass man besser mit deinem ADHS zurechtkommt
- Spielen Umgebungsfaktoren eine Rolle?
Ja, natürlich kann man in einer optimalen Umgebung besser klarkommen.
Dazu braucht man z.B. Verständnis vom Umfeld, Platz, individuelle Therapie
etc.. Die Situation ist nicht Auslöser, kann aber Symptome verstärken
- Gibt es sinnvolle Begleitmaßnahmen?
Andere Therapien sind leider oft sehr teuer können aber durchaus hilfreich
sein. Z.B. Reittherapie, voltigieren, Musiktherapie, ein Instrument
erlernen
Rahmenbedingungen
- Rolle der Krankenkassen und Träger der Sozial- bzw. Jugendhilfe
Als Beispiel drückt sich das Jugendamt gerne bei der Bezahlung der Therapien
und Maßnahmen der Jugendhilfe nach §35a (z. B. die Übernahme der
Kosten für eine Privatschule)
- Image in der Öffentlichkeit
ADHSler werden eher gemobbt oder es wir ihnen gekündigt. Der Umgang
der Schulbehörden ist sehr unterschiedlich. Einige Bundesländer reagieren
eher ideologisch als fachlich.
- Gezielte Verunsicherung Betroffener
- Umgang mit dem Thema in Schulbehörden
- Auswirkung der wirtschaftlichen Lage
"Querdenker sind nicht gefragt!"
Therapeutische Wirklichkeit
- Die Zulassungspolitik mancher kassenärztlicher Vereinigungen werfen
"Äpfel und Birnen" in einen Sack- ein analytischer Psychologe
soll z.B. eine Verhaltenstherapeutin ersetzen
- Restriktive Sparpolitik der gesetzlichen Krankenkassen
- Keine Medikamente ohne Therapie?
ist nicht realistisch- durch lange Wartezeiten für einen Therapieplatz
vergeht einfach zu viel Zeit, die evtl. mit Medikamention schon etwas
"abgefangen" werden könnte
- Unzulässige Einmischung bestimmter Berufsgruppen
In einem solchen Fall soll man darauf hinweisen, wer zuständig ist,
dass man gerne zur Zusammenarbeit bereit ist, aber die Diagnostik und
Therapie bei den entsprechenden Fachleuten liegt.
Reizwort Psychopillen
- Medienberichterstattung und ihre Folgen
die Verbände haben z.B. mehr Anfragen durch "schlechte" Berichterstattung.
- die Erfahrungen in den ADHS-Verbänden zeigt, dass ihnen bislang kein
Fall bekannt ist, bei dem durch Medikamention mit Methylpheindathydrochlorid
eine Sucht, Parkinson oder ähnliches entstanden ist.
- Wirtschaftliche Studienergebnisse
Wenn man Ratschläge über zweifelhafte Therapien bekommen, dann sollte
man doch mal nach den Studienergebnissen fragen und wo diese nachzulesen
sind.
ADHS-Patienten als Goldesel
- Nicht nur die Pharma-Industrie will Gewinne machen
- Vorsicht vor Ideologen und fanatischen Psychiatriegegenern (diese
werden oft für Medienzwecke angefragt)
- Was so alles auf dem Markt ist (tolle Kurse, Säfte, Vitamine, etc.
Vor einige Zeit meldete sich gar ein Fernheiler)
- Wie trenne ich Spreu von Weizen?
Das ist nicht immer einfach zu beantworten.
Die Diagnose sollte immer von einem Fachmann gestellt werden. Als Testfrage
eignet sich z.B. die Frage nach dem Eckpunktepapier und ob der Ärzt/
Psychologe die Aussagen darin unterstreichen kann.
Die Situation der Erwachsenen
- Dem Engagement von Dr. Johanna Krause ist es zu verdanken, dass die
Diagnosekriterien für Erwachsene mit in die Konsensenskonferenz aufgenommen
wurden
- Off-Label-Use of Methylphenidathydrochlorid
Immer weniger Fachärzte verschreiben Methylphenidathydrochlorid für
Erwachsene, meistens sind es eher die gut eingearbeiteten Hausärzte
- Begleiterkrankungen - Depressionen, Angsterkrankungen, Zwangserkrankungen
werden eher diagnostiziert, als ADHS
- Situation auf dem Arbeitsmarkt
Immer wieder gibt es Probleme mit Methylphenidathydrochlorid bei den
Drogentests
- private (Kranken-) Versicherungen
ADHSler werden oft von privaten Versicherungen ausgegrenzt
- Die Sache mit dem Führerschein
Alle, die Methylphenidathydrochlorid bekommen sollte eine ärztliche
Bescheinigung mit sich führen. Denn sollte ein Drogentest mal nötig
sein, kann man nachher nachweisen, dass man Methylphenidathydrochlorid
verschrieben bekommen hat. Die Bescheinigung sollte man aber nicht vorher
zeigen, da keiner dazu verpflichtet ist, sich selbst zu belasten.
Was können ADHS-Verbände tun?
- Die Selbsthilfearbeit ist die wichtigste Basis
- Der BV-AH e. V. entwickelte sich von der Elterninitiative zur Non-Profit-Organistation
- Der BV-AH e. V. bietet Betroffenen Information und Beratung
- Der Verband leistet Lobbyarbeit
Grundlagen unserer Arbeit
- Zur Beratung gehört eine umfassende Information...
- über alle wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnisse
- über unseriöse Angebote und Vorgehensweisen
- Erfahrungen der Betroffenen als wesentliche Grundlage
- Zusammenarbeit mit anerkannten ADHS-Experten
- Mitarbeit in ADHS-Kompetenz-Netzwerken und anderen Gremien
Wie verwerten wir unsere Erfahrungen und Informationen?
- Wissenspool vorhalten und pflegen
- Weitergabe der Informationen an Betroffene Fachleute und Interessierte
- Für den Einzelnen Wege aufzeigen
- Politische Einmischung
Ausblick
- Die Schere öffnet sich weiter
- Die Gefahren einseitig betriebswirtschaftlichen Denkens
Therapien werden abgelehnt, aber wenn unsere Kinder erwachsen sind,
wird die Therapie teuerer werden.
- Schlagkraft der ADHS-Verbände
Die Verbände wollten fusionieren, das ist aber in diesem Anlauf nicht
gelungen
Frau Fydrich weist noch einmal darauf hin, dass der Verband und seine Einflussmöglichkeiten
auch von der Größe des Verbands und somit der Anzahl der Mitglieder abhängt
und bittet die Zuhörer, durch eine Mitgliedschaft, die Arbeit des Verbandes
zu unterstützen.
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08.06.2005
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