Dr. med. Sabine Krämer
"Es wächst sich nicht aus!" - ADHS bei Erwachsenen
Frau Dr. Krämer ist niedergelasene Ärztin in Frankfurt
mit dem Spezielgebiet ADHS bei Erwachsenen
Vor diesem Vortrag gab es eine Fragestunde. In dieser kam
unter anderem auch das Thema ADHS und Stärken auf. Die Stärken
werden oft nicht genannt. Anknüpfend an diese Diskussion begann Frau
Dr. Krämer damit, dass ADHSler natürlich viele Stärken
haben, jedoch viele Menschen mit ADHS zu ihr in Behandlungen kommen würden,
weil sie Defizite haben. Menschen die ihre Stärken gut kennen und
wenig Defizite haben kommen nicht in die Artzpraxen. Deshalb ist auch
ihr Vortag auf die Defizite der ADHSler aufgebaut.
ADHS - eine genetisch festgelegte Kranheit
- eine überwiegend genetisch festgelegte Krakheit, die mit Besonderheiten
des Stoffwechsels der Botenstoffe im GEhirn (Neurotransmitter) zusammenhängt.
- zeichnet sich vor allem durch das Zusammentreffen bestimmter Symptome
in dem Bereich Aufmerksamheit, Aktivität und Impulskontrolle aus.
- betrifft Menschen unterschiedlichen Charakters und unterschiedlicher
Begabung
Alte Vorurteile über ADHS: ADHSler sind ...
- dumm
- faul
- gestört
- schlecht erzogen
- aus denen wird es nichts
Neue Vorurteile: ADHSler sind...
- alle sind Hochbegabt
- überaus kreativ
- besonders sensibel
Richtig ist:
- ADHS kommt bei allen IQ stufen vor
- es gibt faule und fleißige ADHSler
- kreative und nicht kreative ADHSler
- sensible und einfühlsame ADHSler
Wir alle sind Individuen.
Auch wenn viele ADSler künsterlisch begabt sind,gibt es trotzdem
auch ADHSler, die schlechte Künstler und gute Buchhalter sind
;-)
Folgestörungen
- antisoziale Persönlichkeit
- können sehr stark in Kriminalität abdriften. Bei Tests
in den Gefängnissen hatten 25% bis 28% der Insassen ADHS
- Substanzabhängigkeit (das Risiko einer Suchterkrankung iyt
doppelt bis dreifach erhöht), das Risiko sinkt bei adäquater
Behandlung
- Angststörungen
- affektive Störungen
Geschichte der adulten ADHS
- Erstbeschreibung in den Frühen 70'er Jahren
- erste Monographie von Wender 1995
- erste Fallstudie über positive Effekt von Stimulanzien bei
einem Erwachsenen ADHS Patient in Deutschland (1988 Schmidt et al)
- DSM III 1980 add residualler Typ
- DSM III r 987 adhd erlaubt Klassifikation bei Erwachsenen
Häufigkeit
Bei Langzeitstudien ist festgestellt worden, dass 1/3 bis 2/3 der
betroffenen Kinder auch als Erwachsene noch symptomatisch sind.
Die Häufigkeit im Erwachsenenalter wir demnach auf 2% bis 6
% geschätzt (Wender 1995)
Besonderheiten
- häufig teilweise Rückbildung der Symptome entweder als
tatsächlicher Rückgang oder nur scheinbar als Resultat
mühsamer Kompensation
- genauere Selbstbeschreibung als bei Kindern, aber oft fehlende
Fremdeinschätzung
- Hyperaktivität und Impulsivität oft nach außen
hin gebremst, häufig aber starke innere Unruhe
- Überlagerung durch andere psychische Erkrankungen
- Aufmerkamkeitsstörungen kommen aufgrund der komplexeren Anforderungen
noch mehr zum tragen
- ADHS fängt IMMER in der Kindheit an
- wenn Aussenstrukturierung durch Schule oder Elternhaus wegfällt
kommen die Probleme zum tragen
- ADS hat eine erhöhte Komorbidität
Symptome
jedes Symptom für sich allein hat eigentlich jeder mal. Deshalb
sollte nicht jedes einzelne Symptom für sich beachtet werden,
sondern die Gesamtheit der Problematik
- nicht beachten von Einzelheiten
- flüchtiges lesen, z.B. von Arbeitsanweisungen
- Aufgabenstellungen werden oft nur unvollständig erfasst und
ausgeführt
- Kurze Aufmerksamkeitsspanne führt oft zu raschem Wechsel
von Arbeitsaufgaben
- Mangelnde Ausdauers= prunghafte, chaotische Arbeitsweise
- Unfähigkeit zuzuhören=> in Gesprächen oft mit
eigenen Asziationen beschäftigt, hängen eigenen Gedanken
nach und verlieren den Faden im Gespräch, sind aber oft in
der Lage wieder "querr" einzusteigen
- Aktivierung zur Arbeit fällt schwer
- Organisationsschierigkeiten
- mangelnde Fähigkeit zur Gliederung von Arbeiten führt
rasch zu Überforderung
- unmöglichkeit bei intercurrierenden Reizen dem ursprünglichen
Gedankenfocus "im Kopf zu behalten"
- verlieren, verlegen, vergessen
- gedanklichen Fokus auszurichten und aufrechtzuerhatlten
- Ablenkbarkeit- Reizoffenheit
- Arbeitsgeschwindigkeit = schnell und flüchtig, oder langsam
und großer Mühe Wdie Wachheit aufrechtzuerhalten
- Frustration ist schwer aufrechtzuerhalten
- Hyperfokussieren kann erfolgreich sein
Man muss bie den einzelenen Symptomen unterscheiden, in welchen Situationen
so etwas auftritt und ob es auch bei interessanten Dingen passiert.
Am besten ist es Buch zu führen, auch mit dem was die Freundin/
der Freund gesagt haben.
Die Probleme Emotionen zu steuern und Frustration auszuhalten bewirken
häufige Stimmungswechsel und verhindern eine konstante Arbeitsleistung.
Die Arbeitsgeschwindigkeit ist entweder sehr schnell mit hoher Fehlerrate
oder zu langsam mit großer Mühe die nötige Wachheit
aufrechtzuerhalten.
ADHSler haben erheblich Probleme den gedanklichen Fokus auszurichten
und aufrechtzuerhalten. Eine große Ablenkbarkeit = vermehrte
Reizoffenheit
Vor allem permanente innere Unruhe und eine Unfähigkeit sich
zu entspannen sind hauptsächliche Symptome im Erwachsenenalter.
Die Situation muss mit in Betracht gezogen werden, denn auch Überforderung
kann zu fehlendem "entspannen können" führen.
Hyperaktivität
- Bewegungen
- erzwungende körperliche Ruhe wird kaum ertragen
- brauchen viele Reizquellen
- Risikosportarten
- schnelles und lautes sprechen
Impulsivität
- mischen sich ungefragt in Gespräche ein
- übernehmen ungefragt die aufgaben anderer
- große Ungeduld gegenüber der vermeintlichen Langsamkeit
anderer
- Äußere Hindernisse oder Widrigkeiten führen zu
Aggressionen
- Ideen werden sofort formuliert sind oft unüberlegt und nicht
durchdacht
- wenn ich es nicht sofort sage vergesse ich es
- beantwortet fragen bevor sie zu ende gestellt wurden
- Geld ausgeben
- Delikte
Diagnose
- dem Patienten zuhören
- Patienten genaue Fragen stellen
- die Kindheitsvorgeschichte erheben
- andere psychische Erkrankungen ausschließen bzw. feststellen
- Gelegentlich kann es erforderlich sein eine Testpsychologische Untersuchung
durchzuführen
- Entscheidend ist die Anamnese
- wichtig ist der Ausschluss dass eine andre psychologische oder körperliche
Erkrankung die Symptome hervorruft
Hilfreichsind:
- Selbstbeurteilungssskalen
- Fremdanamnese
- Ergänzende testsychologische Diagnostik
Breit angelegte Fragebögen sind wichtig weil Patienten oft vorinformiert
sind. Sie fokussieren zum Teil auf die speziellen Symptome des ADHS und
erzählen evtl. nicht alles, da sie ander Dinge für diese Diagnose
unwichtig empfinden.
Es gibt keinen ADHS-Test sondern nur Konzentrationstest, Aufmerksamkeitstest.
Auch dort gibt es gerade bei Erwachsenen ADHSlern das Problem des Hyperfokussierens
und sie schneiden trotz vorhandener Aufmerksamkeitproblematik gut ab.
Was macht viel Menschen misstrauisch gegenüber der Diagnose ADHS?
es gibt weder Laboruntersuchungen, noch apparative Untersuchungen die
das vorliegen von ADHS beweisen könnten. Ebenso haben psychologische
Tests allenfalls Hinweischarakter.
Dies ist aber sehr erstaunlich weil andererseits die Apparatemedizin
so stark kritisiert wird zum Beispiel bei vielen Hautkrankheiten oder
Parkinson.
Dieses Misstrauen besteht aber auch bei anderen psychischen Krankheiten
wie z.B. bei häufigen Komorbiditäten (gleichzeitige vorhandene
andere psychische Krankheiten)
- Depressionen
- Angsterkrankungen
- Zwangserkrankungen
- Tic-Stürungen
- PTSB ( hat eine ähnliche Symptomatik wie ADHS, kann alleine,
aber auch zusätzlich zum ADHS auftreten)
- Pesönlichkeitsstöungen
- Substanzmissbrauch
Medikametöse Therapie
- bestimmte Antidepressiva
- Tomoxetin
- Substanzen die vor allem auf den Botenstoff noradrealin wirken
- Fenetyllinn
- Pemolin
- Amphetamin
- Methylphenidathydrochlorid (Ritalin, Medikinet, Equasym, Concerta)
diese Stimulanzien wirken vorwiegend um den Botentoff Dopamin
Man weiss dass sie bei Erwachsenen ähnlichen erfolgreich sind, wie
bei den Kindern. Trotzdem wurde die Zulassung immer nur für Kinder
beantragt.
Verordnet es der Arzt es trotzdem, trägt er das wirtschaftliche
und medizinische Risiko alleine, weil die Krankenkassen Regressforderung
beim Arzt stellen können. Auch noch Jahre später können
sie mit der Auflistung beim Arzt die Kosten zurückverlangen.
Ausnahmen sind schwer bei den Krankenkassen zu erreichen
Besonders schwierig ist es für Retardpraeparate, weil die besonders
teuer sind.
Die Erfolgsrate ist je nach Studie unterschiedlich, aber ca. 70% bis
75 % der Erwachsenen profitieren von einer medikamentöse Therapie.
Nichtmedikamentöese Therapie
Im Erwachsenenalter kommen neben coaching auch orientierte Verhaltenstherapie
(vor allem bei deutlicher Selbstwertproblemtik) und tiefenpschologisch
fundierte Therapien in Frage.
Begleitende Psychotherapien richten sich nach der Komorbidität,
Motivation und Erfolg der medikamentösen Therapie.
Als begleitende Therapie sind beratende und unterstützende Gespräche
erforderlich
Psychoeduktion und Selbstmanagement sind als alleinige Therapiemassnahme
in der Regel nicht ausreichend.
Wenn der Erwachsene gut mit einer medikamentösen Therapie klarkommt,
fehlt ihm oft die Motivation zu begleitenden Therapien- ohne Motivation
ist eine Therapüie nicht sinnvoll.
Wenn mit einer medikamentösen Therapie keine Probleme mehr auftauchen,
dann ist eine Verhaltensterapie nicht unbedingt nötig.
Auch Frau Dr. Krämer ging auf die MTA-Studie ein
Es gibt bislang keine Studien für Erwachsene
Wenn sich die randsymptome besser, aber die Kernsymptome bleiben, dann
ist eine Therapie angebracht.
Die Therapie richtet sich nach
- dem Schweregrad
- etwaigen zusätzlichen Erkrankungen
- der Motivation des Patienten
- den individuelenn Möglichkeiten des Patienten
Das nichtansprechen auf ein Medikament ist kein Beweis für oder
gegen die Diagnose. Auch Erwachsene sollten keine Selbstversuche mit Medikamenten
machen!
Die Therapie sollte individuell erfolgen
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